Freitag, 25. September 2009

Kein Bier vor Sechs! Außer es kommt aus Oberfranken

Hummelbräu aus Merkendorf in Oberfranken. Lecker!Fränkisches Bier auf einem Berliner Balkon: Leider immer noch eine Seltenheit.

Es soll ja Leute geben, die brauchen schon zum Frühstück ein schönes Pils, damit sich das Zittern legt. Da ich mich ungern zu dieser Gruppe gesellen möchte (die Folgen von Alkoholernährung konnten wir lange Zeit am Publikum der kleinen Kneipe unter unserer Wohnung studieren), vermeide ich gewohnheitsmäßiges Biertrinken.

Aber manchmal geht der Franke in mir dann doch durch. Neulich zum Beispiel schenkte ich mir Punkt 16 Uhr ein Kellerbier der Hummel-Bräu aus Merkendorf bei Bamberg ein. 16.12 Uhr war die Flasche leider schon wieder leer. Der Inhalt, ein natürtrübes, äußerst vollmundig süffiges Vollbier, hatte vollständig in meinen Körper übergewechselt.

Ich frage mich, ja, ich frage mich: warum können sie in Oberfranken Biere brauen, die alle anders, aber (fast) alle hervorragend schmecken und kaum Geld kosten. Nebenbei bemerkt: die übliche Großbrauereiware kann da in der Regel geschmacklich nicht einmal annähernd mithalten. In Berlin laufen solche Biere anscheinend als Feinkost, anders kann ich mir die hiesige Preisgestaltung nicht erklären.

Wie es dieser Stoff bis Berlin geschafft hat, kann ich nur vermuten. Vermutlich per Direktimport im Kofferraum eines Privatautos oder Lieferwagens. Das würde den Preis plausibel machen, den ich für eine Flasche dieses köstlichen Gesöffs am Winterfeldtmarkt bezahlte: zwei Euro. Für Berlin zugegebenermaßen nicht wirklich teuer, wo einem in den Bars für eine Flasche Augustiner (ohne Glas, immerhin geöffnet) um die drei Euronen abgeknöpft werden.

Die Wirtshausbrauerei Hummel verlangt übrigens für einen Kasten Kellerbier 10,80 Euro, 54 Cent für den halben Liter. In der Gastwirtschaft dürften es nicht mehr als 2,20 bis 2,50 für eine frische Halbe vom Fass sein. Eigentlich aber bin ich ganz froh, dass ich solche Leckereien in Berlin nur selten finde. Das erhöht mit Sicherheit den Genuss. Denn ich bin mir nicht sicher, ob der Merkendorfer sich bewusst ist, welche Delikatesse er in seinem Wirtshaus gezapft bekommt, wenn er ein Bier bestellt.

Montag, 21. September 2009

Nicht mal die S-Bahn kann einem die Lanzhou-Nudeln vermiesen

Sie wissen nichts von den S-Bahnproblemen dieser Welt. Die Fische im schönsten mir bekannten Restaurantaquarium sind nicht zum Essen da.

Das Berliner S-Bahndesaster hat einige sehr unangenehme Begleiterscheinungen. Nämlich unangenehm verlängerte Fahrtzeiten zur China-Fressmeile Nr.1 in der Kantstraße. Schon mit funktionierender S-Bahn war die Anfahrt recht länglich, mit Bus und U-Bahn muss man noch etliche Minütchen mehr bis Charlottenburg einplanen.

Trotzdem: es war dringend an der Zeit, dem Selig wieder einen kleinen Besuch abzustatten. Solche Perlen darf man auf keinen Fall vernachlässigen. Nicht, dass uns wie mit der Goldenen Schildkröte ergeht, was überaus traurig wäre. Über die ausgezeichnete nordchinesische Nudelküche muss ich nichts schreiben, den Blogberichten von Nimmersatt und Drymartini ist in dieser Hinsicht nichts mehr hinzuzufügen.
Selig - Schweinefleisch süßsauer leicht scharf und Nudeln
Und so will ich berichten, dass wir auf der Rückreise von einem Zitadellenbesuch in Spandau - weil wir eh schon in der Nähe waren - einen Zwischenstopp mit der U7 in der Wilmersdorfer Straße einlegten, hundertfünfzig Meter ins Selig marschierten und uns zwei köstliche Gerichte mit sichtbar handgemachten Nudeln einverleibten.

Selig Huhn und Nudeln Die Fische durften uns diesmal nicht über die Schulter kibitzen, wir saßen bei herrlichem Spätsommerwetter an einem der Tischchen im Freien. Wasabi stürzte sich auf ihre Hühnchenstücke mit Brokkoli, Paprika, Pilzen, und Kartoffelwürfeln (Nr. 14), ich genoß meine Nudeln mit Schweinefleischstreifen in einer leicht süßsauren Soße (Nr. 15, oben). Die beiden Gerichte sehen zwar ähnlich aus, schmecken aber absolut verschieden. Köstlich sind sie beide. Übrigens: wenn man die üppige Portion (jeweils 8,50 Euro) nicht bewältigen kann, packt die überaus freundliche Bedienung sie einem auch transportgerecht ein.

Selig
Kantstr. 51
10625 Berlin
(kein Geheimtipp!)

Samstag, 19. September 2009

La Siesta gegen Kantinenkoller

Der S-Bahnhof Hackescher Markt ist eine echte Grenze: Nördlich davon tobt das Leben, reiht sich eine Gastwirtschaft an die andere, Straßenmusikanten nerven je nach Profession mehr oder weniger, BettlerInnen und Tierschutzvereinswerber gehen ihrem Tagwerk nach. Dazwischen drängen sich Touristen aller Zungen auf der Suche nach den Hackeschen Höfen oder sind unterwegs Richtung Alte Schönhauser Straße.

Die Südseite des Bahnhofs ist dagegen nahezu verwaist. Trambahnen kreuzen im Fünfminutentakt einen kleinen Platz und Menschen mit Stadtplänen suchen den Weg zur Museumsinsel. Am Garnisonkirchplatz (richtig, ohne s) gibt es zwar keine Kirche, aber das La Siesta. Hier gehe ich hin, wenn ich das Kantinenessen nicht mehr sehen kann, keine Bentobox dabei habe oder einfach nur in der Mittagspause die Büroluft aus der Lunge bekommen möchte.,

BonuskarteFünf Kaffee oder fünf Ciabatta, und die Siestadamen spendieren eine "Kaffeespezialität". Ich besitze bestimmt schon vier Bonuskarten, weil ich sie natürlich immer vergesse mitzunehmen.

Für wenig Geld (zwischen 3,50 und 4 Euro) bekommt man dort nette Suppen und andere Kleingerichte. Alles ist ordentlich gemacht - wo die Sachen herkommen, vermag ich nicht zu sagen. Eine Küche habe ich noch nicht entdeckt. Die unaussprechliche indische Suppe mit viel Curry, treudeutscher Kartoffeleintopf mit Würstchen, mediterraner Nudelsalat (der jetzt mit zwei R geschrieben ist) gehen hier fix über die Theke. Mein Favorit: Kartoffeln mit Quark und Leinöl. Der Service ist nur erstklassig zu nennen: freundlich, schnell und immer ein nettes Wort für die Gäste: ich mag den Laden wirklich gerne.

Bücherregal Lesehunger ẃird auch gestillt.

Sobald das Wetter es zulässt, kann man draußen unter uralten Eichen und Kastanien sitzen. Dort sehe ich den Straßenbahnen beim Um-die-Ecke-fahren zu, während ich nach dem Imbiss noch einen erstklassigen Espresso oder Cappuccino genieße. Und wer das Frühstück verpasst hat, bekommt gut gemachte belegte Ciabattas, die im Plattengrill noch schnell überbacken werden.

Drinnen ist es auch ganz nett. Wer auf Arbeit nicht zum Lesen kommt, findet am Stehtisch Lesestoff. Ich frage mich nur immer: wer sind die Menschen in Anzügen und Kostümen, die das Siesta immer belagern und vor allem im Winter für argen Platzmangel im Gastraum sorgen.

La Siesta
Garnisonkirchplatz 2
10178 Berlin
Mo-Fr. Ab 8 Uhr geöffnet.
Abends geschlossen.

Mittwoch, 9. September 2009

Die schwarze Sonne backt ohne Schatten

Peinlich, peinlich, was sich die Berliner Zeitung diese Woche in der Montagssausgabe geleistet hat. Im Vermischten prangt schön mittig ein riesiger Artikel über die Münchner Hofpfisterei. Die Überschrift "Warten auf die schwarze Sonne" kitzelt einen durchaus zum Weiterlesen.

Breze und BauernbrotKann durchaus zu Begeisterung hinreißen: Breze und Brot einer bekannten Münchner Bäckerkette.

Also lese ich und verfalle schon nach wenigen Zeilen in zartes Schaudern. Jubelt uns Autor Thomas Schuler hier ein PR-Artikelchen unter? Die Werbung scheint schon nicht mehr zu schleichen - sie paradiert geradezu im Stechschritt an uns vorbei. Dieser Text würde jedem Werbeflyer der Münchner Biobäckerkette gut zu Gesicht stehen. Wir erfahren die hauseigenen Brotnamen, Expansionsstrategien der Pfisterei und die Geheimnisse des guten Brotgeschmacks. Ein einziges Sätzchen über die Berliner Bäckerei Märkisches Landbrot soll hier wohl so etwas wie journalistische Ausgewogenheit vortäuschen, taugt bei dem voluminösen DreiVierspalter mitsamt Bild jedoch nicht einmal als Feigenblättchen.

Ist das nun ein gekaufter Artikel - faktisch also Reklame (dann gehörte ein kleines "Anzeige" über den Artikel)? Die Berliner Zeitung fiel mir in der Richtung übrigens schon mal unangenehm auf. Oder hat den aus Bayern stammenden Schreiber einfach die Begeisterung, fern der Heimat wirklich gutes Brot zu finden, die journalistische Distanz vergessen lassen? Durchaus vorstellbar, wenn man sich die Masse der Berliner Bäcker und ihr liebloses Teig-Einerlei vor Augen führt. Da kann so ein Frankenlaib einem schon einen sonnige Tag bescheren.

Denn die Hofpfisterei hat nun wirklich keine Schleichwerbung nötig. Das Backwerk ist ausgezeichnet und über jeden Zweifel erhaben. Die Brezen sind einfach die besten ihrer Art, die ich bisher in dieser Stadt kaufen konnte. Rösch, aber nicht splitternd, saftig, aber nicht latschig, schön laugig. Das Brot: vollmundiger Sauerteig ohne Tadel - und auch noch aus Biomehl. Vergleichbares kenne ich nur von meinem Lieblingsbäcker in Leipzig, dem ich den ersten Artikel in diesem Blog widmete.

BäckerfiliaieDa geh ich rein und will immer ganz schnell wieder raus. Aber nur mit Gebackenem.

Einziger Wermutstropfen: die Preise. Rund vier Euro (+/- 20 Cent) für das Kilogramm machen unser täglich Brot zu einer nicht ganz billigen Angelegenheit. Es geht aber auch noch ein paar Euro teurer... Aber solange das Geld nicht ganz knapp ist, werde ich immer wieder mal auf dem Weg zur U8 an der Haltestelle Weinmeisterstraße in das kahle Bäckergeschäft huschen und köstliche Backwerk herausschleppen. Denn wie sagte ein kluger Mensch: Das Leben ist einfach zu kurz, um es mit schlechtem Essen zu vergeuden..

Hofpfisterei in Berlin-Mitte: Rosenthaler Straße 31, ca. 150 Meter vom Hackeschen Markt.